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Indien – Wo ein Wille, da ein Weg (Teil 1)

Meine Reise Nach Indien sollte diesmal einfach und bequem werden, ohne Risiken als Frau alleine in diesem fremden Land hätte ich es mir gewünscht. Doch diesmal machte mir das Schicksal einen saftigen Strich durch die Rechnung.

Beim Abflug gab es Probleme mit meinem Visum, ich kam zwar bis zum Boardingbereich, dort wurde aber alles mit den Worten „für sie ist die Reise zu Ende“ beendet, was noch nicht einmal begonnen hatte. Es folgte ein Tränenausbruch auf der Flughafen-Toilette, unglaubliche Enttäuschung und ein verrückter Dienstag mit Terminen bei der Indischen Botschaft und Air India. Am Dienstag Abend war dann endlich alles für meinen Flug am MI um 13.10 Uhr geklärt. Diesmal flog ich tatsächlich, zumindest bis nach Delhi. Nachdem ich bereits 7,5 Stunden Flugzeit Wien-Delhi und 11 Aufenthaltsstunden am Flughafen Delhi hinter mir hatte, war der nächste geplante Schritt in die Maschine nach Dharamsala einzusteigen. Denkste! 11.20 Uhr geplante Abflugszeit und um 11.40 Uhr noch immer kein Anzeichen, dass endlich zum „Boarding“ aufgerufen wurde. Kurz daraufhin die ernüchternde Botschaft: Flug abgesagt, wegen dem Monsun-Regen.

Nach einem Telefonat mit dem Yogacenter, welches ich in Dharamsala besuchen wollte, wurde für mich kurzerhand ein Nachtbus von Delhi nach Dharamsala mit 11 Stunden Fahrtzeit gebucht. Ich musste nun alleine und in der Nacht quer durch Indien reisen, ob ich wollte oder nicht. Ich traf in Kürze die notwendigen Vorkehrungen: Regenjacke und Taschenmesser wanderten vom Koffer in den Rucksack, ein Taxi sollte mich zur Bushaltestelle bringen, ich kaufte Reiseproviant, ging nochmal Pipi, holte tief Luft und setzte meine imaginäre Krone wieder gerade, die durch die vielen Steine im Weg und nur 2 Stunden Schlaf in 28 Stunden etwas verrutscht war.

Als ich um 15 Uhr einen Schritt aus dem Flughafengelände machte, durchströmte mich ein Gefühl des „endlich Indien erlebens“ und ich war erleichtert, endlich den Flughafen verlassen zu haben. Die Taxifahrt war durchzogen von neuen Eindrücken im Sekundentakt. Überfüllte Strassen, bettelnde Frauen zwischen den Autos mit Neugeborenen am Arm, Menschen auf Fahrrädern mit turmhohem Gepäck, sich durchschlängelnde Motorräder, Kühe auf der Strasse, zerfallene Häuser, ein Hakenkreuz am Eingang eines Tempels, ein unsagbar ohrenbetäubendes Hupkonzert und dann endlich raus aus dem Stadtchaos. Es folgten rund 20 Affen links am Gehsteig, dazwischen ein im Stehen pinkelnder Mann. Hinter dem Gehsteig zeigte sich nun die Natur in dschungelähnlicher Form. Vier Männer saßen am Boden auf Zeitungspapier und spielten Karten. Wir kamen in ein Marktgebiet, zwischen den Ständen liefen Schweine, auf deren Rücken Raben saßen. Der Fahrer wusste aber nicht wo er mich abliefern sollte. Das Gebiet war weitläufig, kein Busschild weit und breit. Er verstand jedoch mein Handzeichen als ich auf die Telefonnummer auf dem ausgedruckten Bus-Ticket deutete und zückte sein Handy. Er meinte während es klingelte, dass die Bushaltestelle irgendwo „inside“ sein musste. Da war aber weit und breit kein „inside“, sondern nichts ausser verfallenen Häusern. Kurz dachte ich verzweifelt „Nimm mich bitte einfach wieder zum Flughafen mit, ich will nach Hause!“. Aber er befolgte die Anweisung des Mannes am anderen Ende der Leitung und versuchte umzukehren. Aus dem fahrenden Auto rief er immer wieder ein paar Menschen auf der Strasse irgend etwas mit „Dharamsala“ hinterher, woraus ich schloss, dass er nach dem Busstopp fragte und siehe da, endlich nickte ein Mann. Es war der Tour Operator. Ich traute dem Ganzen noch nicht ganz, stieg aber aus und wimmle zwei Kofferträger ab. Der Tour Operator brachte mich in sein „Büro“, einem 6m2-Raum, bestehend aus seinem Kollegen, einem Decken-Ventilator, einer alten Theke, einem Foto des Dalai Lama, einem Foto des Busses und einem Foto eines Mannes mit wildem Rastafari Wuschelkopf (der wie sich später herausstellte, Sai Baba, der berühmte indische Heilige und Heiler war). Angeblich gab es im Bus sogar Wifi, allerdings keine Toilette. Trinken stellte ich somit ab sofort ein, da ich noch zwei Stunden auf die Abfahrt warten musste. Ich vertraute den beiden Männern dann doch und ließ meinen Koffer im Büro, um den Markt zu erforschen. Bettelnde Kinder, schlafende Menschen und ein stechender Geruch, um nicht zu sagen Gestank lösten dennoch ein gutes Gefühl aus, endlich in Indien zu sein, all das mit eigenen Augen zu sehen, mit eigenen Ohren zu hören und der eigenen Nase zu riechen. Es gab gebratene Kartoffeln, Bilder des Dalai Lama, Kleidungsfetzen und viel Ramsch. Ich wurde müde und ging wieder ins Büro wo mein Koffer einsam auf mich wartete, die Männer waren verschwunden. Sie kamen wieder und kurz vor der Abfahrt fragte ich nach einer Toilette, in der naiven Hoffnung, mich vor der Abfahrt nochmal frisch machen zu können. Der eine Mann sah mich seltsam an, als ich meinen Trekking Rucksack schulterte und hinter im herstapfte. Der Gang zur Toilette war so schmal, dass der Rucksack, welcher zu meinem neuen BFF geworden war, kaum durchpasste. Ich stoß die wackelige Tür zur Toilette auf und sank innerlich zusammen als ich vor einem Loch im Boden und einem tropfenden Loch in der Wand stand, vergeblich nach dem Lichtschalter suchend. Meine Hoffnung auf die letzte Erfrischung schwand dahin, aber dank Oberschenkelmuskulatur und Treffsicherheit ging alles gut und ich war dankbar für das letzte Taschentuch in meinem Hosensäckel. Im Büro zurückgekommen hatte der Kollege in der Zwischenzeit Kaffe getrunken. Nun rülpste und hustete er Schleim hervor, in der obersten Leistungsklasse. Mir wurde fast übel und ich jubilierte, als er endlich sagte „Girl, are you ready? We can go now.“. Ich schulterte meinen BFF erneut und schnappte meinen Koffer. Und als ich dem Kollegen durch den matschigen Boden Richtung Bus folgte, wurde mir eines klar: ich wollte nach Indien reisen. Dann musste ich auch wirklich Indien bereisen und nicht wie ein Drückeberger im sicheren (Flug)Hafen darüber sinnieren, wie aufregend das Leben ist…

To be continued…

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