PERSONALITY & MIND

Erwecke deine innere Kraft!

Es war Sonntag. Der dritte Sonntag des Yoga Teacher Trainings in Indien. Ich war mit 6 Yoginis zu einer Bergtour verabredet. Das Ziel war ein großer Wasserfall im Gebirge des Himalaya. Der Wasserfall sollte eine dreistündige Wanderung entfernt vom unserem Yoga Center sein, wo wir ein Monat lang untergebracht waren.

Wir starteten an diesem Sonntag mit Frühstück. Anschließend holten wir uns Wasser- und Snackproviant und dann ging es los. Wir starteten über steile Stufen, die uns recht schnell in die Höhe brachten. Nach kurzer Zeit hatten wir einen achten Begleiter, „Parvati“, der Hund, der uns in der Yoga-Schule immer besuchte. Wir wussten den Weg nicht, also folgten wir unserem Gefühl. Dieses brachte uns in eine komplett falsche Richtung. Wir hätten den Fluß überqueren sollen, fanden aber keine Möglichkeit und je höher wir stiegen, desto breiter wurde der Fluß und unmöglicher zu überqueren. Also mussten wir nach einer Weile wieder umkehren. Es ging die matschigen Wege wieder ein Stück hinab, bis wir die richtige Abzweigung fanden und auf die andere Seite des Flusses gelangten.

Nun ging es steil bergauf. Mein Körper war bereits erschöpft von zwei täglichen Yoga-Einheiten, drei Wochen lang. Jeder Schritt tat weh. Meine Oberschenkel drückten mein Gewicht mit jedem Schritt weiter in die Höhe, teilweise unterstützt von den Händen, die für Gegendruck auf den Oberschenkel sorgten um meinen Oberkörper vorwärts zu schieben. Mein Kopf sagte „du kannst jederzeit umkehren, es ist zu viel“. Er sagte „es ist nicht schlimm, aufzugeben wenn du zu schwach bist“. Mein Kopf argumentierte, warum ich so schwach war: Weil die anderen doch schon viel länger Yoga machten als ich und viel durchtrainierter waren. Weil ich doch so lange geraucht hatte, und meine Lungen nicht so gesund waren wie die der anderen. Weil ich vor ein paar Jahren einen Fahrradunfall hatte und mein Körper einfach ein wenig vorsichtiger behandelt werden musste. Weil ich einfach nicht so fit war. Lieber Leser, merken Sie, wo die Reise hingeht?

Wir machten eine Pause und ich fühlte in mich hinein. Wollte ich umkehren? Was sagte mein Kopf mir die ganze Zeit? Mir stiegen Tränen in die Augen. Es war erniedrigend und demütigend. Ich erinnerte mich, als ich als Kind sehr krank war und mich alle umsorgten, weil mein Körper schwach und krank war. Doch mein Körper war nicht mehr krank. Ich war seit vielen Jahren geheilt. Wir saßen auf einem Bergvorsprung, schauten in die Weite der Landschaft. Ich war gesund. Ich war stark. Ich hatte es bis hierher geschafft und wusste, ich wollte weitergehen.

Wir gingen weiter. Es wurde steiler. Mit jedem Schritt übernahm ich mehr und mehr die Kontrolle über meinen Geist. Mit jedem Schritt sagte ich „Ich bin stark“. „Ich schaffe es“. „Mein Körper ist vollkommen gesund und kräftig“. Mit jedem Schritt wurde ich stärker. Bis wir den Wasserfall hörten und sahen. Wir waren angekommen. Nicht nur war ich angekommen, sondern ich stehe mitten im Fuße des Himalaya Gebirges. Ich atme, ich lebe. Ich blicke auf den Wasserfall. Ich spüre Stärke, die ich mit jedem Schritt auf diesem Weg verankerte. Ich trage das Wissen in mir, dass ich für alle Herausforderungen des Lebens mehr Kraft haben werde als ich brauche. Ich fühle Freiheit, alles im Leben tun zu können was ich will. Alles. Ich bin dankbar für meinen gesunden und starken Körper, mit dem ich ungeahnte Wege beschreite.Erwecke deine innere Kraft! Es ist nämlich so einfach: Gib darauf Acht, was dir dein Kopf in bestimmten Situationen sagt. Ertappst du ihn dabei, dass er dir sagt, du seist schwach, du seist anfällig für Krankheiten, du seist erschöpft, dann formuliere kraftvolle Gedanken immer und immer wieder.

  • Wenn du die Stiegen statt der Rolltreppe wählst, schick Stärke mit jedem Schritt in deine Muskeln, in deine Knochen in deine Organe.
  • Wenn du Nahrung aufnimmst, iss bewusst! Sei dir darüber im Klaren, dass diese Nahrung dich mit Nährstoffen versorgt, die deinen Körper kräftig und stark machen. Kaue deine Nahrung bewusst, spüre deine kräftigen Zähne. Gerade die Zähne stehen für Kraft, sich im Leben durchzubeißen. „Sie sind Symbole des Angreifens und Zupackens, auch für Energie und Vitalität. Ausdruck des Willens, sich durchzubeißen.“ (Quelle: Kurt Tepperwein, Die Botschaft deines Körpers. Die Sprache der Organe).
  • Wenn du gehst, atme bewusst „Kraft“ ein, lass die Kraft in den ganzen Körper strömen. Atme all die „Schwäche“ aus, raus damit aus deinem Körper! Atme „Kraft“ ein, atme „Schwäche“ aus.
  • Und am allerwichtigsten:
    Wenn du verletzlich bist, erkenne es als eine deiner Stärken an. Denn verletzlich, verwundbar, sensibel zu sein, ist genauso eine Kraft in dir.

Erkenne, dass dein Körper weder kränklich, noch schwach, noch sensibel oder zerbrechlich ist. Entdecke und erwecke deinen Willen, deine innere Kraft, deine körperliche und geistige Stärke! Du musst nicht den Himalaya besteigen, aber du kannst, wenn du willst.

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